Wenn du deine Kamera mittlerweile im manuellen Modus beherrschst und den Zusammenhang von Blende, Zeit und ISO kennst, hast du eine wichtige Grundlage geschaffen. Doch ein weiterer entscheidender Faktor für starke Fotos wird oft unterschätzt: die Wahl des richtigen Objektivs und der bewusste Umgang mit Perspektive und Brennweite.
Dieser Beitrag zeigt dir, wie sich dein Bild durch verschiedene Objektive verändert – und warum deine Position genauso wichtig ist wie deine Technik.
🔍 Was ist die Brennweite – und was bewirkt sie?
Die Brennweite ist ein technischer Wert (in mm), der angibt, wie stark ein Objektiv „vergrößert“. In der Praxis bestimmt sie aber vor allem den Ausschnitt deines Bildes und die Wirkung auf das Motiv.
🔹 Kurze Brennweiten (10–35 mm): Weitwinkel
- Du bekommst viel aufs Bild – perfekt für Landschaft, Architektur, Gruppenfotos
- Verzerrung bei Porträts (große Nasen, breite Gesichter)
- Starker Tiefeneindruck – Vordergrund wirkt betont
🔹 Standardbrennweiten (35–70 mm): Natürlich
- Entspricht in etwa dem menschlichen Blickfeld
- Vielseitig: Street, Alltag, Reportagen
- Authentische Bildwirkung
🔹 Lange Brennweiten (ab 70 mm): Teleobjektive
- Bringen entfernte Motive nah heran
- Komprimieren den Raum – Hintergrund wirkt näher
- Beliebt für Porträts, Tiere, Details
💡 Beispiel: Ein Porträt mit 35 mm zeigt viel Hintergrund und wirkt dokumentarisch. Dasselbe Porträt mit 135 mm bringt das Gesicht klar hervor, mit weichem Hintergrund – und wirkt viel intimer.
🔁 Zoomobjektiv oder Festbrennweite?
Viele Anfänger starten mit einem Zoomobjektiv (z. B. 18–55 mm), weil es flexibel ist. Doch Festbrennweiten (z. B. 50 mm oder 85 mm) bieten oft:
- höhere Lichtstärke (ideal bei wenig Licht)
- besseres Bokeh (unscharfer Hintergrund)
- mehr Schärfe und weniger Verzerrung
Und: Sie zwingen dich, dich mehr zu bewegen. Dadurch wirst du bewusster, experimentierst mehr – und lernst schneller.
💡 Tipp: Ein 50 mm f/1.8 ist oft schon unter 150 € zu haben – und verändert deine Fotografie sofort.
🎯 Die Macht der Perspektive
Noch wichtiger als dein Objektiv ist: deine Position zum Motiv.
🔹 Froschperspektive (von unten)
- Motiv wirkt größer, mächtiger
- Ideal für Gebäude, Tiere, Kinder
🔹 Vogelperspektive (von oben)
- Distanzierte, beobachtende Wirkung
- Gut für Übersichten, Gruppen, Reportage
🔹 Augenhöhe
- Neutral und natürlich
- Bei Porträts meist die beste Wahl
🔄 Kombiniere bewusst Perspektive und Brennweite:
- Weitwinkel + Froschperspektive = dramatischer Effekt
- Tele + Augenhöhe = ruhiges, harmonisches Porträt
🖼️ Hintergrund & Tiefenwirkung
Der Hintergrund erzählt oft die halbe Geschichte deines Fotos. Die Brennweite hilft dir, diesen gezielt einzusetzen:
- Teleobjektive isolieren das Motiv – Hintergrund wird weich, weniger ablenkend
- Weitwinkel zeigt mehr vom Umfeld – gut für Storytelling oder Doku-Stil
💡 Merke dir: Du lenkst den Blick des Betrachters durch das, was du scharf stellst – aber auch durch das, was du unscharf machst.
🎒 Praxisbeispiel aus meinem Alltag als Fotograf
Ein Brautpaarshooting in Kiel an einem sonnigen Herbsttag:
Mit dem 35 mm-Objektiv konnte ich die Atmosphäre der Location einfangen – Bäume, Licht, Bewegung. Für die innigen Porträts nutzte ich mein 85 mm – das Paar vor einem unscharfen Laubhintergrund, warmes Licht im Gegenlicht. Zwei Objektive, zwei Wirkungen – und zusammen erzählen sie eine komplette Geschichte.
✅ Fazit: Objektive sind Werkzeuge – deine Kreativität entscheidet
Am Ende zählt nicht, wie teuer dein Objektiv ist, sondern wie du es einsetzt. Jeder Wechsel der Brennweite ist eine kreative Entscheidung. Genauso deine Position, dein Standpunkt, deine Absicht.
Wenn du diese Elemente bewusst nutzt, wirst du deine Fotos auf ein neues Level bringen.